Ein Brief an Deutschland

Was wir Kita-Fachkräfte brauchen, damit unsere Krippen, Kindergärten und Horte offen bleiben!

Kita-Regelbetrieb bis ganz zuletzt: Geht es nach dem Willen der Politik, werden die Kindertagesstätten in diesem Lockdown für alle Familien geöffnet bleiben. Eine Notbetreuung nur für Eltern in systemrelevanten Berufsgruppen wie im Frühjahr soll um jeden Preis vermieden werden.

Jetzt melden sich diejenigen zu Wort, die den Kita-Regelbetrieb in den kommenden Wochen sicherstellen müssen: In einem „Brief an Deutschland“ wenden sich die pädagogische Fachkräfte aus Einrichtungen verschiedener Träger in ganz Deutschland an die Öffentlichkeit – und unterziehen das Versprechen der Politik einem Realitätscheck. 

5. November 2020

Liebe Eltern,
liebe Verantwortliche in der Politik,

uns allen ist bewusst, dass einmal mehr schwierige Wochen auf unser Land zukommen. Doch etwas ist anders als beim letzten Lockdown: Unsere Kindertageseinrichtungen müssen diesmal nicht zur Notbetreuung zurückkehren und es ist ein großes Glück für uns alle, dass wir weiterhin für Ihre Kinder da sein dürfen – denn wir haben sie im Frühjahr wirklich sehr vermisst!

Doch während der Betreuungsalltag bei uns irgendwie weitergeht, tobt draußen immer noch die größte Gesundheitskatastrophe seit rund hundert Jahren. Wir tun alles dafür, dass unsere Einrichtungen auch in dieser schweren Zeit geöffnet bleiben können. Auch deshalb wenden wir uns jetzt mit einer Bitte an Sie: Unterstützen Sie uns, damit wir Sie weiterhin unterstützen können!

Wir brauchen Eltern als Verbündete

Unsere Kitas befinden sich nicht im luftleeren Raum. Auch wir können uns mit COVID 19 infizieren. Und wenn das passiert, dann begeben wir uns natürlich sofort in Quarantäne – genau wie die Kollegen und Kolleginnen, mit denen wir in der fraglichen Zeit Kontakt hatten. Beides bleibt dann nicht ohne Konsequenzen: Denn Kindertagesstätten ohne Personal können nicht geöffnet bleiben, auch wenn die Politik gerade gebetsmühlenartig das Gegenteil beteuert.

Im Sommer hat sich vielerorts die Zuordnung von Kindern und Fachkräften in strikt getrennte Gruppen etabliert. Leider ist diese Form der Betreuung aber wesentlich personalintensiver als der Kita-Alltag unter Normalbedingungen. Sollten die krankheitsbedingten Ausfälle in den kommenden Wochen zunehmen, werden wir gemeinsam mit Ihnen Alternativen finden, wie Ihre Einrichtung dennoch geöffnet bleiben kann: Die Lösung kann dann  zum Beispiel eine eng befristete Verkürzung der Öffnungszeiten sein. Und einige Bundesländer geben auch Spielraum für eine Vergrößerung der Betreuungsgruppen. Sollten wir eine solche Maßnahme in Ihrer Einrichtung für sinnvoll halten, dann gehen wir selbstverständlich vorher mit Ihnen ins Gespräch. Für diesen Fall bitten wir Sie schon jetzt um Ihr Verständnis aber auch um Ihre Kreativität bei der Suche nach anderen Lösungen, die vielleicht eher in Ihrem Sinne sind – denn so können wir die zeitweise Schließung von Einrichtungen gemeinsam vermeiden.

Wir fordern Rückendeckung der Politik für einen flexiblen Regelbetrieb

Wenn unsere Leitungen aufgrund der spürbar steigenden Personalausfälle mit dem Rücken zur Wand stehen, ist es oftmals nur das Wohlwollen bereits stark gebeutelter Eltern, das sie rettet. Anderswo bringen Mütter und Väter weniger Verständnis für Szenarien mit Einschränkungen auf – zu sehr sitzt ihnen die Erfahrung des ersten Lockdowns noch im Nacken. Und zu sehr bauen sie auf die Versprechen zahlreicher Politikerinnen und Politiker, dass es diesmal nicht so weit kommen wird.

Die gute Nachricht ist: Wir können gemeinsam eine ganze Menge dafür tun, dass die Politik recht behält. Dafür müssen wir aber alle akzeptieren, dass die Welt nicht nur schwarzweiß ist: Es gibt mehr als „Die Kita öffnet wie immer“ oder „Die Kita macht nur Notbetreuung“. Dazwischen ist vieles möglich, was Eltern, Arbeitgebern und uns Kita-Fachkräften hilft, gut durch diese schwierige Zeit zu kommen. Gemeinsam mit den Eltern wurden vielerorts bereits gute Lösungen gefunden. Wir würden uns aber viel wohler fühlen, wenn wir im Krisenfall verschiedene festdefinierte Lösungsmodelle rechtssicher mit den Eltern aushandeln könnten: Dazu gehören die Vergrößerung oder Auflösung getrennter Gruppen (offener Regelbetrieb), die Einschränkung der Öffnungszeiten (fixer Regelbetrieb) und auch die zeitlich eng befristete Verkürzung der Betreuungszeiten (verkürzter  Regelbetrieb) als allerletztes Mittel. Nur wenn wir flexibel bleiben, können wir auch offen bleiben.

Liebe Verantwortlichen in der Politik, Sie haben uns in dieser Krise jetzt zum zweiten Mal in die erste Reihe geschickt. Wir nehmen diese Verantwortung gerne wieder an. Bitte lassen Sie uns jetzt nicht hängen!

Bleiben Sie gesund!

Ihre pädagogischen Fachkräfte bei

  • Berliner Stadtmission
  • Deutscher Kinderschutzbund LV Berlin e.V.
  • Deutsches Rotes Kreuz, Kreisverband Berlin-Nordost e.V.
  • Diakonisches Werk Berlin-Stadtmitte e.V. 
  • Evangelischer Kirchenkreisverband für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord
  • Evangelischer Kitaverband Mitte-West, Berlin
  • eventus-BILDUNG e.V.
  • FiPP e.V. – Fortbildungsinstitut für die pädagogische Praxis, Berlin
  • Forum Soziale Dienste GmbH
  • Forum Soziale Dienste Kita I GmbH
  • Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH
  • Hanna gGmbH
  • IKT-Stadtindianer e.V.
  • Johannesstift Diakonie Jugendhilfe Berlin
  • Jugendwerk Aufbau Ost JAO gGmbH
  • Kindertageseinrichtungen Ev. Kirchenkreis Spandau - Berlin
  • Kinder und Jugend der Volkssolidarität Berlin gGmbH
  • KITA-Dialog gGmbH
  • Kleiner Fratz GmbH
  • KUBIBE.Berlin gGmbH
  • Kunterbunt gGmbH
  • Lebenshilfe iKita gGmbH
  • Mittelhof e.V.
  • Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V.
  • offensiv´91 e.V. - Verein für soziale und kulturelle Dienste
  • Outlaw gemeinnützige Gesellschaft für Kinder- und Jugendhilfe mbH
  • pad – präventive, altersübergreifende Dienste im sozialen Bereich – gGmbH
  • PUTTE e.V.
  • Spielhaus e.V.
  • Stadtteilzentrum Steglitz e.V.
  • urban kita gGmbH
  • VAK e.V. – Kindertagesstätten
  • Verein für aktive Vielfalt e.V.
  • Vereinigung für Jugendhilfe Berlin e.V.
  • Villa Luna gGmbH
  • Zweckverband Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im Bistum Essen

Eine Initiative des Fröbel e.V. mit Unterstützung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands Landesverband Berlin e. V., des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands Landesverband Nordrhein-Westfalen e. V. und des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e.V..