Aktuelles 08. Dezember 2020 · HO

Abschied in den Ruhestand

Mehr als 29 Jahre prägte Dr. Gudrun Rannacher die Geschicke von FRÖBEL. Am 30. November 2020 verabschiedete sie sich in den wohlverdienten Ruhestand - nicht ohne uns noch einmal an bewegten Jahren teilhaben zu lassen.

Dr. Gudrun Rannacher beim FRÖBEL-Lab Digitale Medien 2017

Frau Dr. Rannacher, Sie sind fast 30 Jahre bei FRÖBEL, wohl niemand kennt FRÖBEL so gut wie Sie. Wie war der Start?

Der FRÖBEL e.V. wurde im Mai 1990 in Berlin gegründet. In diesen Umbruchzeiten brauchte es mehr als ein Jahr bis FRÖBEL begann, im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe Fuß zu fassen. Im Herbst 1991 kam ich als dritte Mitarbeiterin zu FRÖBEL und wir fingen an, die erste FRÖBEL-Familienberatungsstelle aufzubauen. Mittlerweile sind wir mehr als 4.200 FRÖBEL-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter mit über 200 Krippen, Kindergärten, Horten und drei Familienberatungsstellen in Deutschland und sogar in Polen und Australien - über diese Entwicklung freue ich mich sehr. 

Wie hat sich die Wahrnehmung von früher Bildung in diesen Jahrzehnten verändert? Welchen Einfluss hatte das auf FRÖBEL? 

Die gesellschaftliche Akzeptanz von früher Bildung hat sich in den letzten Jahren merklich verbessert. Das drückt sich in besseren, wenn auch immer noch nicht überall guten Rahmenbedingungen aus. Bei FRÖBEL stehen die Kinder mit ihren Rechten zurecht noch immer im Mittelpunkt unseres Handelns – und seit sieben Jahren prägen diese Rechte auch unser Leitbild. Indem wir uns als Unternehmen immer mehr an Nachhaltigkeitszielen orientieren, betonen wir die Bedeutung der Kinderrechte einmal mehr. Ich bin sicher, dass unser aktuelles Motto "Die Welt gehört in Kinderhände" die Herzen aller Mitstreitenden berührt und viel bewirken wird. Diese Ziele einen uns bei FRÖBEL und lassen uns für das neue Jahrzehnt wichtige Schwerpunkte, wie Inklusion, Demokratie-, Sprach- und kulturelle Bildung in unserer Arbeit setzen, um Kinder für die neuen Herausforderungen zu stärken. 

Bei einer solchen Entwicklung sind auch Konstanten wichtig... 

Ja! Was sich durch all die Jahre der FRÖBEL-Geschichte wie ein "grüner" Faden zieht, ist die gelebte Vision, Kindern Chancen zu öffnen und Zugang zu früher Bildung zu ermöglichen, Eltern und Familien in ihren Erziehungskompetenzen zu unterstützen und Fachkräfte zu stärken. Deshalb setzen wir uns über unsere Kernaufgaben als Träger hinaus auch aktiv für die Verbesserung der Rahmenbedingungen von institutioneller Kinderbetreuung ein - mit Erfolg, denn wir finden im gesellschaftlichen und fachpolitischen Diskurs viel Beachtung und hoffentlich noch mehr Wirkung. 

Bei Fröbel stehen Sie für die im Leitbild verankerten Rechte von Kindern und ganz besonders für das Thema Kinderschutz. Warum ist Ihnen gerade dieses Thema so wichtig?

Ich habe als Kinder- und Familientherapeutin in der Familienberatungsstelle viele Kinder und Familien kennengelernt. Leider wachsen nicht alle Kinder unter optimalen Bedingungen auf, manchmal war ihr Leid offensichtlich. Aber nicht selten haben Kinder andere Wege "gefunden", um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Einfühlsame, klare Worte auf einer vertrauensvollen Basis können bei Eltern für ihre Kinder viel bewirken, diese Erfahrung habe ich immer wieder gemacht. Dabei die Weichen frühzeitig – damit meine ich bei kleineren Anzeichen, aber auch schon in der frühen Kindheit – umzustellen, d.h. Eltern und Familien in ihrer Lage anzunehmen und gemeinsam mit ihnen andere Handlungsoptionen in zugespitzten Konflikten zu ergründen, stärkt die Erwachsenen und damit auch die Kinder. Kinder können so erleben, dass sie uns wichtig sind und in ihren Bedürfnissen Beachtung finden. In neuen Beziehungserfahrungen können sie ihre Selbstwirksamkeit positiv erleben und so ihre Resilienz stärken.

Welche Rolle spielen pädagogische Fachkräfte dabei? 

Eine sehr zentrale, nicht nur konkret beim Kinderschutz. Deshalb lagen mir unsere Erzieherinnen und Erzieher immer besonders am Herzen. Ihr Handeln und Reagieren kann für Kinder das gute Beispiel sein, wenn es im Kindergartenalltag stressig wird und auch Fachkräfte selbst an ihre Grenzen geraten. Aber auch als Modell für Eltern, wie heikle Themen gut besprochen und Reaktionsweisen verändert werden können. Darüber hinaus können Erzieherinnen und Erzieher Kindern Bildungsimpulse geben und Wege z.B. zu Natur, Kultur oder Ernährung eröffnen, die ihnen bisher unbekannt waren.

Was brauchen Erzieherinnen und Erzieher, um diese wichtige Rolle gut ausfüllen zu können?

Kindeswohlgefährdungen sind oft emotional stark belastend. Fachkräfte möchten für das Kind aktiv werden, wissen aber manchmal nicht wie das gut gelingen kann – hier braucht es unterstützende Orientierung. Mein Weg war es, bei Fröbel Verantwortlichkeiten im Kinderschutz klar zu definieren, Strukturen und Netzwerke aufzubauen und die Erzieherinnen und Erzieher in vielen kleinen Denkanstößen aber auch in verschiedenen Teamfortbildungen zum Kinderschutz zu sensibilisieren, ihre Handlungssicherheit, Kompetenzen und ihren Mut zu stärken, sich z.B. den Herausforderungen des Elterngesprächs zu stellen. Manchmal reicht ein Denkanstoß bei Eltern, manchmal braucht es einen langen Atem. Und dann ist es wichtig, dass Fachkräfte begleitende Unterstützung spüren, um die Emotionen und Verantwortung teilen zu können. Dem Fröbel-Kinderschutzteam ist genau auch dies im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Beratung im Kinderschutzfall wichtig. Und es ist für alle ein gutes Gefühl, wenn sie erleben, wie Eltern-Kind-Beziehungen sich verbessern und Kinder von der Last befreit nicht nur im Kindergarten ihr Lachen und ihre Neugier (wieder)finden.

Was war Ihr schönster Moment bei Fröbel – was wird Ihnen in Erinnerung bleiben?

Hier gibt es im Laufe der Jahre unzählige. In Erinnerung bleiben mir die Momente, wenn es gelungen ist, Ideen wahr werden zu lassen. Stolz und Freude in den Gesichtern der Teammitglieder, der Kinder und Eltern mitzuerleben, wenn ein neu eröffneter Kindergarten mit Kinderlachen gefüllt wird, erfüllt auch mich nachhaltig mit Freude. Unvergessliche Momente habe ich auch in meiner direkten Arbeit mit Kindern in der Beratungsstelle erlebt, wenn ein Kind beginnt wieder an die eigene Kraft zu glauben und in der Familie Freude in gemeinsame Erlebnisse einzieht. Berührend für mich waren die besonderen Momente, wenn ein Gespräch Erzieherinnen oder Erziehern dabei geholfen hat, sich schwierigen Situationen zu stellen und erfolgreich zu bewältigen.

Welche Wünsche möchten Sie den Menschen bei Fröbel mitgeben?

Ich fange mit den Wünschen für die Kinder an, denn für sie wollen wir Gutes bewirken. Ich wünsche allen Kindern eine glückliche und unbeschwerte Kindheit, behütet von Erwachsenen, die es gut mit ihnen meinen, sie in ihrer Würde achten und ihnen mit Respekt begegnen. Unseren pädagogischen Fachkräften wünsche ich, dass sie ihre Neugierde und die Leidenschaft behalten, jedes Kind jeden Tag zum Staunen zu bringen, und Kraft und Mut aus dem Lachen und den Lernschritten der Kinder und der Gemeinschaft schöpfen mögen. Viel Freude und Erfolg in den nächsten Jahrzehnten wünsche ich v.a. auch dem neuen Geschäftsführungsteam Stefan Spieker, Jule Marx und Timo Stampe sowie Heike Schumann als meiner Nachfolgerin im Vorstand des Fröbel e.V.. Allen Kolleginnen und Kollegen danke ich für die gemeinsame Zeit und wünsche ihnen, dass sie ihre beruflichen Träume mit Fröbel verwirklichen können.

Sie haben Fröbel begleitet, an der Erfolgsgeschichte mitgewirkt und geprägt. Wir danken für das Gespräch und wünschen Ihnen für Ihren neuen Lebensabschnitt das Allerbeste!