Aktuelles 06. April 2020 · rc/bt

Wie gehen Homeoffice und Kinderbetreuung zusammen?

Viele Familien haben in den letzten Wochen bereits verschiedene Erfahrungen mit dem Homeoffice gesammelt. Mit der Zeit haben Sie sicher einige Ideen entwickelt, was Ihrer Familie dabei hilft. Nun kommen die Osterferien dazu, was gerade für Familien mit Schulkindern bedeutet, dass die Kinder zusätzliche freie Zeit haben. Gleichzeitig sind viele Eltern im Homeoffice weiter gefordert. Dazu ein paar Tipps, die Ihnen bei der Doppelbelastung von Homeoffice und Kinderbetreuung helfen sollen.

Von Ralf Cebulla, Sozialpädagoge, (Master in Sozialer Arbeit) FRÖBEL-Familienberatung CLARA, Berlin

Strukturieren Sie Ihren Tag

Absprachen mit dem anderen Elternteil, feste Zeiten für das Aufstehen und die Mahlzeiten - das haben Sie bestimmt schon oft gehört und gelesen in den letzten Tagen. Gerade das, was knapp ist in ihrer Familie, sei es Zeit, Arbeitsgeräte oder Rückzugsorte, sollte miteinander abgesprochen und geplant werden. Falls Sie sich allein um Ihr Kind kümmern, überlegen Sie im Rahmen der derzeitigen Einschränkungen, welche Unterstützung Sie sich bei der Kinderbetreuung mit anderen Eltern gegenseitig geben können.

Für das Homeoffice mit Kindern heißt es oft, nicht nur den Tag zu strukturieren, sondern mit der Arbeit, wo es möglich ist, auch auf die frühen Morgen- und späten Abendstunden sowie das Wochenende auszuweichen. Das ist eine Herausforderung. Aber Sie haben dafür weniger Stress über den Tag und gewinnen Zeit mit Ihren Kindern.

Machen Sie die Struktur für alle sichtbar

Die Tagesstruktur mit den wichtigen Terminen – dazu gehören natürlich auch das gemeinsame Essen oder der tägliche kleine Spaziergang mit den Kindern – sollte für alle sichtbar sein. Suchen Sie einen Platz, wo Ihr Tagesplaner auch von den Kindern gut gesehen werden kann. Wenn Ihre Kinder noch zu jung sind, um ein Gefühl für Uhrzeiten zu haben, kann der Tagesplaner aus farbigen Blöcken für die einzelnen Zeiten bestehen. Basteln Sie eine Markierung, die Ihrem Kind zeigt, an welcher Zeit am Tag sie sich gerade befinden. Wenn Ihr Kind ungeduldig wird, können Sie ihm daran zeigen, was jetzt dran ist und wann danach wieder Spielzeit folgt.

Binden Sie Ihre Kinder spielerisch mit ein

Derzeit erfahren Kinder, dass ihre Eltern zwar mehr zu Hause, aber trotzdem oft nicht für sie verfügbar sind. Manchmal muss das sein. Aber wenn es Ihre Arbeit erlaubt, hilft Ihrem Kind vielleicht ein kleines „Kinderbüro“ neben Ihrem Schreibtisch. So ist es in Ihrer Nähe und kann nachspielen, was die Eltern tagsüber „Geheimnisvolles“ tun.

Neben der Arbeit im Homeoffice bindet die Arbeit im Haushalt viel Zeit. Auch hier lassen sich Kinder oft gern mit einbinden. Beim Kochen helfen die meisten kleinen Kinder gern mit – gerade dann, wenn Eltern auch bei nicht so ordentlich geschnittenen Gurkenscheiben ein Lob bereit haben. Sogar gemeinsames Aufräumen kann Spaß machen, wenn man daraus einen Wettbewerb macht, man sich Geschichten ausdenkt zu den weggeräumten Sachen oder es mit einem Quiz verbindet (Wer kann etwas wegräumen, mit einem A im Namen?). So werden die Dinge erledigt und sie verbringen dennoch eine gute Zeit gemeinsam mit Ihrem Kind.

Helfen Sie Ihren Kindern beim Warten lernen

Manchmal brauchen wir wirklich Ruhe um zu arbeiten. Wir müssen uns konzentrieren oder in Ruhe telefonieren. Es ist gut dies für Ihre Kinder deutlich zu machen. Vereinbaren Sie ein Zeichen an der Tür des Arbeitszimmers, welches Ihren Kindern zeigt, dass es jetzt gerade nicht geht. Aber seien Sie auch klar, wie lange dies notwendig ist. Wählen Sie dabei eine Zeiteinheit, die Ihr Kind schon verstehen kann: „bis der große Zeiger auf der sechs steht“ oder „wenn der Alarm klingelt“ oder „wenn das Hörspiel zu Ende ist“.

Dabei wissen Sie am besten, wieviel Zeit Ihre Kinder schon „warten“ können. Wenn Ihr Kind versteht, dass es Ihnen hilft, indem es eine Weile nicht zu Ihnen kommt, sondern stattdessen in der Zeit beispielsweise die Wäsche aufhängt, fühlt es sich wichtig. Erklären Sie ihm in einfachen Worten, welchen bedeutenden Beitrag es dadurch leistet. Außerdem ist es für Ihre Kinder leichter, die Zeit zu akzeptieren, wenn Sie wissen, was danach kommt. Treffen Sie also Verabredungen mit Ihrem Kind, dass Sie danach bei ihm im Kaufmannsladen einkaufen werden oder zwei Mal Memory spielen.

Keine Angst vor Kindern mit Langeweile

„Mir ist langweilig!“ Das kommt zurzeit sicher öfter von Ihren Kindern. Natürlich ist es gut, Ideen für gemeinsame Aktivitäten und für die Stillbeschäftigung Ihrer Kinder zu haben. Aber wenn gerade kein Erwachsener da ist und kein Bildschirm läuft, entwickeln Kinder auch oft tolle Ideen. Geben Sie Ihren Kindern zwischendurch ruhig die Chance, sich zu langweilen und dadurch mal etwas ganz Anderes auszuprobieren. Seien Sie auch verständnisvoll, wenn dies manchmal zu „Experimenten“ führt, die ihre Geduld auf die Probe stellen.

Sie können in diesen Tagen Ihre Kinder anregen, sich ihr Spielzeug einmal genauer anzuschauen. Bitten Sie sie sich zu überlegen, ob es Dinge gibt, mit denen Sie nie wieder spielen werden und die Sie für andere Kinder oder einen guten Zweck (Flohmarkt, Spenden) aussortieren könnten. Stellen Sie eine große Kiste dafür bereit. Ganz nebenbei kann dies Ihr Kind veranlassen, sich Vergessenem wieder zuzuwenden oder neue Verwendung für alte Sachen zu finden.

Achten Sie auf Ihre Grenzen

Homeoffice mit Kindern, die sonst jeden Tag sechs Stunden und mehr aus dem Haus sind, bedeutet Kompromisse zu machen. Ein ganz zugewandtes Elternteil sein und gleichzeitig dieselbe Leistung im Beruf bringen wie zuvor, das kann keiner schaffen – schon gar nicht über Wochen. Machen Sie sich Ihre eigenen Grenzen bewusst und benennen Sie sie. Erklären Sie Ihren Kindern, was derzeit möglich ist und was nicht.

Benennen Sie Ihre Grenzen auch gegenüber Ihrem Arbeitgeber. Eventuell gibt es noch unerforschte Lösungen wie Sonderurlaub, Überstundenabbau oder eine veränderte Aufgabenplanung, mit denen Sie diese Wochen für sich etwas entlasten können. Setzen Sie dabei nicht darauf, dass Ihre Vorgesetzten die Lösungen finden, sondern machen Sie eigene Vorschläge.

Seien Sie nachsichtig mit sich selbst

Viele Menschen sind darauf aus, immer das Beste zu erreichen. Wenn wir unsere eigenen Ansprüche aber zu hoch ansetzen, bringt das eine Menge Frust. Ist es wirklich realistisch alles so gut zu schaffen, wie in den Zeiten, als Sie zur Arbeit fuhren und Ihre Kinder täglich Kindergarten und Schule besuchten? Vielleicht darf im Haushalt derzeit mal etwas mehr liegen bleiben als sonst; es kommt ja auch kein Besuch vorbei. Vielleicht darf Ihr Kind gerade etwas mehr Medienzeit haben; denn es zeigt Ihnen gerade, wie gut es ihm oft gelingt, mit der neuen Situation klar zu kommen. Vielleicht sind Sie nicht jederzeit per Handy erreichbar; schließlich gehen Sie für Ihren Beruf gerade eine Menge Kompromisse ein.

Sie sind derzeit stark gefordert. Also haben Sie und Ihre Familie sich hin und wieder eine Belohnung dafür verdient, dass Sie das prima machen, z.B. mit dem gemeinsamen Familienfilm am Abend, dem Take-Away vom Lieblingsrestaurant oder der Familien-Massage-Wohlfühlzeit. Auf welche Belohnung freut man sich bei Ihnen zu Hause?

Frohe Ostern

Über das lange Osterwochenende haben die meisten Eltern frei. Auch wenn gerade etliche Unternehmungen nicht möglich sind, gibt es sicher genug, dem Sie als Familie freudig entgegensehen können: gemeinsam lang zu frühstücken, Eier suchen in der Wohnung, Ostergrüße per Video an Freunde und Verwandte schicken und vieles mehr. Genießen Sie die Pause vom Homeoffice!