Aktuelles 05. April 2020 · ds/bt

Wir schaffen das zu Hause! - Wie kann ich mein Kind zum Lernen motivieren?

Es ist eine große Herausforderung: die Kinder sind den ganzen Tag zu Hause, die Lehrer*innen erwarten die Erledigung der gestellten Aufgaben, Sie müssen im Homeoffice tätig sein oder sind freigestellt und in großer Sorge, wie das alles weitergehen soll. Alle in der Familie müssen sich in bisher nicht gekannte Strukturen einfinden. Im Folgenden finden Sie ein einige Anregungen, die Ihnen helfen können, Ihre Kinder für die Schulaufgaben zu motivieren.

Doreen Schiller, Diplom-Psychologin, FRÖBEL-Familienberatung CLARA, Berlin

Positive Beziehungsgestaltung

Eine Grundvoraussetzung dafür, dass Sie Ihr Kind zum Lernen motivieren können, ist eine gute, vertrauensvolle, warme und wertschätzende Beziehung. Zeigen Sie Ihrem Kind und ermuntern Sie es immer wieder, indem Sie ihm z.B. freundlich zunicken, es anlächeln oder über den Kopf streichen. Dann verbindet Ihr Kind die Anforderung mit einer positiven Beziehungserfahrung mit Ihnen. Wenn Sie selbst angespannt und genervt reagieren, wird Ihr Kind in der Zukunft versuchen, weitere Lernsituationen zu vermeiden. Schöne Beziehungserfahrungen schaffen eine positive Haltung zum Lernen.

Grundbedingungen schaffen

Planen Sie mit Ihrem Kind gemeinsam die Zeiten für das Lernen. Dabei sollten sich Zeiträume von Arbeit und Pausen zur Entspannung abwechseln.

Überlegen Sie zusammen, welcher der beste Arbeitsplatz ist. Für manche Kinder ist der Rückzug in ein eigenes Zimmer wichtig, andere brauchen einen Platz in Ihrer Nähe. Wichtig ist, dass der Arbeitsplatz aufgeräumt und übersichtlich ist. Wenn Arbeitszeit ist, sollte alles, was Ablenkung bedeuten kann, etwa das Handy weggelegt werden.

Formulieren Sie klare Erwartungen, die Sie an Ihr Kind haben. Helfen Sie Ihrem Kind dabei, dass es sich realistische, d.h. erfüllbare Ziele setzt.

Eine Idee sind auch Lernpartnerschaften, die Ihr Kind mit einem anderen Kind aus der Klasse eingeht, z.B. per Videocall.

Selbstwirksamkeitserleben

Um motiviert zu bleiben, brauchen wir das Gefühl von Selbstwirksamkeit, also die Erfahrung, dass ich mit meinem Handeln etwas bewirken und Einfluss nehmen kann. Kinder sollten erfahren, dass sich Anstrengung und Üben lohnen, sie damit ihr Ziel erreichen oder sich verbessern können. Leider erleben Kinder ihre Selbstwirksamkeit auch in ihrem Widerstand beim Lernen – das immer dann, wenn Sie sich als Eltern auf Diskussionen einlassen oder Ihr Kind durch „Schimpfen“ zum Tun bewegen wollen – also Ihrem Kind mehr Zuwendung geben, wenn es das Lernen verhindern, aufschieben oder mehr an ihrer Reaktion als am Lernen interessiert ist. Überprüfen Sie sich in Ihrer Reaktion: Geben oder erhöhen Sie Ihre Zuwendung durch Worte, Mimik und Gestik, wenn Ihr Kind sich anstrengt und nehmen Sie sich zurück, wenn es nicht mitmachen will. Dabei ist wichtig zu unterscheiden, wann Sie in die „Falle der negativen Aufmerksamkeit“ tappen oder Ihr Kind Ihre Hilfe braucht.

Sollten Kinder mit den Aufgaben, die die Lehrer*innen ihnen stellen, überfordert sein, ist es gut gemeinsam zu überlegen, wo sie sich Hilfe holen können. Den Lösungsweg einer Aufgabe z.B. mit Hilfe eines YouTube Videos gefunden zu haben, macht Kinder stolz und sie entwickeln mehr Vertrauen in die eigenen Problemlösekompetenzen. 

Für Erfolge sorgen

Kleine Erfolgserlebnisse sind wichtig, um die Motivation aufrecht zu erhalten.

Sie können mit Ihrem Kind vorab eine Belohnung für seine Anstrengungen vereinbaren. Gut wirksam sind in Aussicht gestellte Zeit der positiven Zuwendung miteinander, z.B. gemeinsam einen Film schauen, ein Spiel spielen, gemeinsam ein neues Buch lesen…

Hilfreich ist, mit Aufgaben zu beginnen, die dem Kind nicht so schwerfallen. Dann ist es etwas leichter, sich im zweiten Schritt auch schwierigeren zu stellen. Wichtig ist es auch, das Arbeiten mit Erfolgserlebnissen abzuschließen. Dann ist die Motivation höher, sich am nächsten Tag wieder an die Arbeit zu setzen. 

Anerkennung zeigen

Wir sollten Kinder für Dinge loben, die sie selbst aktiv beeinflussen können, also für Fleiß, Durchhaltevermögen oder Anstrengungsbereitschaft. Es ist sinnvoll, wenn Sie Ihr Lob dorthin schicken, wo Sie sich eine Verbesserung wünschen. Wenn es z.B. für Ihr Kind eine Herausforderung ist, selbständig zu arbeiten, wertschätzen Sie es ganz besonders, wenn Sie spüren, dass sich Ihr Kind Mühe gibt.

Kinder, denen es schwerfällt, brauchen immer wieder Ihre Ermutigung. „Wenn ich mich für eine Sache anstrenge, werde ich immer besser!“ Dabei sollten Sie vor allem die Lernbemühungen wertschätzen, nicht in erster Linie das Ergebnis.

Für die Kinder ist es wichtig zu spüren, dass sich die Eltern dafür interessieren, womit sie sich gerade beschäftigen. Es hilft ihnen, wenn sie merken, meine Eltern – und nicht nur meine Lehrer*innen – finden es wichtig, dass ich mich damit auseinandersetze.

Wenn es Ihrem Kind schwerfällt, sich alleine für die schulischen Aufgaben zu motivieren, müssen Sie wahrscheinlich zunächst sehr viel kontrollieren. Geben Sie Ihrem Kind mehr Freiheiten, wenn es zeigt, dass es mehr Verantwortung übernehmen kann. Dann spürt es, meine Eltern trauen mir etwas zu. 

Positives Vorbild sein

Seien Sie indem, was Sie von Ihrem Kind erwarten, ein gutes Modell. Erfahrungsgemäß hilft es in der aktuellen Situation wenig, wenn weit in der Zukunft liegende Ziele benannt oder mögliche Folgen negativ in Aussicht gestellt werden. Aber es hilft Ihrem Kind sehr, wenn es sieht, dass sich auch seine Eltern anstrengen müssen, wenn sie etwas erreichen wollen. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass das Lernen Freude bereitet, indem Sie selbst bereit sind, immer wieder neue Dinge zu „erforschen“.