Politik und Gesellschaft

Kita digital: Plenum fordert mehr Unterstützung für den digitalen Wandel

Rund 300 Vertreterinnen und Vertreter von Trägern, Verbänden, Verwaltungen, Stiftungen, aus der pädagogischen Praxis sowie aus Wissenschaft und Ausbildung trafen sich auf dem 11. Plenum Frühpädagogik zum Thema Digitalisierung in der frühen Bildung im Berliner Ludwig-Erhard-Haus. Zentral war die Forderung nach einem Digitalpakt für Kitas.

Dass digitale Medien in die frühe Bildung gehören, darüber waren die Teilnehmenden sich laut Live-Abstimmung sehr einig. In den Talks und Impulsvorträgen der Veranstaltung ging es daher darum, wie frühe Bildung die Chancen der Digitalisierung nutzen kann und welche Unterstützung dafür seitens der Politik notwendig ist.

In der Eröffnungsrunde attestierte Professor Olaf Köller anhand neuester Studienergebnisse der Mehrzahl der Kitas und Schulen in Deutschland einen großen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung. Noch längst nicht sei die Mehrzahl der Befragten in der Praxis davon überzeugt, dass digitale Medien in die Kita gehören. Er betonte, dass der notwendige Veränderungsprozess gut begleitet werden müsse: mit Fortbildungen und Geld für die IT-Infrastruktur sowie geeignete Endgeräte.

FRÖBEL-Geschäftsführer Stefan Spieker und Katrin Janert, Vorständin des Evangelischen Kirchenkreisverbands für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord, wiesen auf die große Transformation hin, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde. Berührungsängste wurden weitgehend abgebaut. Viele Fachkräfte – junge wie erfahrenere – haben mit Neugierde Tools und Apps ausprobiert und genutzt, um mit den Kindern und Familien während der Lockdowns in Kontakt zu bleiben und pädagogische Angebote zu schaffen. Im Gegensatz zu Schulen müssten Kitas bisher den Wandel zur digitalen Bildung aus eigener Kraft stemmen, da es an wirksamer Unterstützung aus der Politik mangelt.

Michael Fritz, Vorstand der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, betonte, es gehöre zur Kernkompetenz pädagogischer Fachkräfte, auf Veränderungen in der Welt der Kinder zu reagieren und diese pädagogisch aufzugreifen. An digitalen Medien führe daher kein Weg vorbei. Kitas können Kinder vor allem darin unterstützen, mündig und konstruktiv mit digitalen Medien umzugehen, und sie auch so auf die Herausforderungen einer sich stetig digitalisierenden Welt vorbereiten.

Als Vertreterin der Wirtschaft sah Angela Behns Vespermann, Regionalleitung Siemens Professional Education NorthEast und East, vor allem die Chance, Kindern frühzeitig den kreativen Umgang mit digitalen Medien aufzuzeigen.

Die Eröffnungsdebatte anschauen

Der Tenor der Diskussion war offen und weniger kontrovers, als es der Titel „Kitas als letzte Bastion gegen den Megatrend Digitalisierung?“ – vielleicht hätte erwarten lassen. Die vielfältigen Impulse und Beispiele aus Australien, Estland und den USA boten einen breiten Blick auf das Thema und die darin liegenden Herausforderungen.

Nicht gänzlich überzeugt war das Publikum davon, dass der Einsatz innovativer Technologien auch tatsächlich eine bessere Förderung von Kindern in der Kita ermöglichen würde. Bei der entsprechenden Live-Umfrage blieben 15 Prozent der Teilnehmenden skeptisch.

Impulsvorträge und Kurzinterviews anschauen

In der Austauschrunde zum Datenschutz wurde noch einmal deutlich, an welcher Stelle Politik und kommunale Verwaltung Kitas wirksam unterstützen können. Neben Geld für sichere Systeme fehlt es in der Praxis häufig an Know-how zum Umgang mit komplexen Datenschutzanforderungen. Rechtliche Beratung und Schulung der Verantwortlichen bei Trägern und in Kitas würde gerade kleineren Organisationen sehr helfen.

Talkrunde zum Datenschutz anschauen

In der abschließenden Runde setzten die Diskutierenden ein starkes Zeichen für den digitalen Wandel in der frühen Bildung. Mit der Forderung nach einem Digitalpakt für Kitas appellierten die bundesweit tätigen Bildungsakteure FRÖBEL, die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ und der Didacta Verband gemeinsam an die Bundespolitik, sich dort finanziell zu engagieren, wo Zukunft beginnt. Unterstützt wurden sie mit einem eindeutigen Votum des Fachpublikums: Fast 90 Prozent der Teilnehmenden im Saal stimmten der Forderung nach einem Kita-Digitalpakt zu.

Gemeinsamer Appell für einen Kita-Digitalpakt von Stiftung "Haus der kleinen Forscher", FRÖBEL e.V. und didacta Verband e.V. (PDF)

Abschlusstalk anschauen

Impressionen vom Plenum Frühpädagogik 2022

Stimmen von Teilnehmenden

„Ein Digitalpakt braucht ein Konzept, wie man es implementieren will. Es braucht ein gemeinsames Vorgehen und eine gemeinsame Haltung aller Akteurinnen und Akteure. Es braucht natürlich auch Geld, aber im Verhältnis ist das überschaubar. Technik ist günstig geworden, die Herausforderung ist eher die Organisation.“ Hartmut Horst, Kita-Stimme.berlin, Geschäftsführung Hanna gGmbH

„Ich habe mich bisher nur am Rande mit dem Thema beschäftigt und nehme daher viele Impulse mit. Ich möchte in unseren Austauschrunden mit Kitas besprechen, wo digitale Medien sinnvoll eingesetzt werden können. Auch das Thema Datenschutz sollten wir in Deutschland eher positiv als eine Art ‚Schatz‘ betrachten, wenn man es mit anderen Ländern vergleicht.“ Tanja Bordien, Kitakoordination Jugendamt Berlin-Spandau

„Ich nehme Motivation mit, pädagogischen Fachkräften die Sorge vor digitalen Medien in Kitas zu nehmen.“ Studentin

„Es gab viele interessante Infos in den Vorträgen. Spannend fand ich die Vergleiche zum unbürokratischen Dänemark und was da alles möglich ist.“ Studentin

„Ich nehme tolle Impulse mit aus dem Vortrag von Frau Reichert-Garschhammer vom IFP aus Bayern. Das erarbeitete Portal bietet viele Informationen, die uns beim Lernen helfen. Außerdem war der Bericht aus Dänemark sehr interessant. Die Dänen fangen viel früher an mit digitaler Bildung und stellen Weichen. Das wäre auch mein Appell an die Politik: Wir sollten in die Gänge kommen und eine konzertierte Aktion starten. Wenn alle 16 Bundesländer allein vor sich hin werkeln, kann sicherlich etwas Gutes dabei herauskommen, aber das reicht nicht, um unsere Ziele zu erreichen.“ Susanne Viernickel, Professorin für Pädagogik der frühen Kindheit an der Universität Leipzig

„Die digitale Ausstattung fehlt in vielen Bereichen, darüber sind sich ja auch viele einig und das ist sicherlich eine Aufgabe der Politik, stärker zu handeln in der frühen Bildung. Sicherlich ist es eine Frage des Geldes, aber es gibt nicht mehr so viele Bedenken wie vor zehn Jahren überhaupt Digitalität in die frühe Bildung zu bringen.“ Solveigh Krause, Referentin im Bundesministerium für Bildung und Forschung

„Wir brauchen dringend eine Digitalpakt für Kitas. Es gibt so viele Möglichkeiten und Tools, aber wir treiben in Deutschland die Digitalisierung nicht schnell genug voran. Gerade im Bereich Sprachbildung könnten Sprachbarrieren bei Familien und Kitas abgebaut und Chancen genutzt werden.“ Marco Fechner, Elternvertreter

Das 11. Plenum Frühpädagogik war eine gemeinsame Veranstaltung von FRÖBEL e. V., der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ und dem Trägerbündnis Kita-Stimme.berlin. Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden und Teilnehmenden ganz herzlich. Das 12. Plenum Frühpädagogik findet im Herbst 2023 statt. Wenn Sie rechtzeitig über Thema, Zeit und Ort informiert werden möchten, schreiben Sie uns gern an veranstaltung@froebel-gruppe.de.