Kinderschutz 18. September 2023 · KH/HO

Kitas als sichere Orte für Kinder

120 Gäste beim Fachtag "Starke Kitas für starke Kinder – den Kinderschutzauftrag wirksam umsetzen" in Kooperation mit dem Deutschen Kitaverband

Input von Prof. Dr. Astrid Boll und Prof. Dr. Regina Remsperger-Kehm beim Fachtag "Starke Kitas für starke Kinder – den Kinderschutzauftrag wirksam umsetzen" (Foto: Deutscher Kitaverband)

120 pädagogische Fachkräfte sowie Expertinnen und Experten aus Kitas, Jugendämtern, Fachschulen und von verschiedenen großen Trägern besuchten am 15. September 2023 den Fachtag "Starke Kitas für starke Kinder – den Kinderschutzauftrag wirksam umsetzen" in der Hochschule Düsseldorf. Die enorme Nachfrage - der Fachtag war seit Wochen ausgebucht - belegt das große Interesse an Information und Diskussion zu den Themen Schutzkonzepte und Kinderrechte in der Fachwelt. Denn das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz nimmt Kitas seit dem Jahr 2022 verbindlich in die Pflicht, Kinderrechte und den Schutz von Kindern in Institutionen konzeptionell und in der Praxis umzusetzen. 

Mit dem Fachtag zum institutionellen Kinderschutz wollten die Veranstalter, der Deutsche Kitaverband mit dem FRÖBEL e.V. und weiteren Mitgliedsorganisationen, diesem Bedarf begegnen. Auf dem Programm standen Vorträge und Workshops, in denen die vielen Ebenen und Aspekte, um Kitas zu sicheren Orten für Kinder zu machen, praxisnah und wissenschaftlich beleuchtet wurden.

Prof. Dr. Katharina Gerarts, Professorin an der Internationalen Universität Mainz und Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der National Coalition, nahm die Teilnehmenden in ihrem Eröffnungsvortrag mit auf eine Reise in die Geschichte der Kindheit. Sie inspirierte die Teilnehmenden, indem sie die in der UN-Kinderrechtskonvention verankerten Kinderrechten im Verhältnis zu den Machtbefugnissen und dem schmalen Grat von Machtmissbrauch und wirksamem Machtgebrauch der Erwachsenen reflektierte. Sie entwickelte für alle Teilnehmenden ein tiefgründiges Verständnis der uns allen bekannten Diskriminierungsform des Adultismus und ebnete damit den Weg für die Folgebeiträge, die sich detaillierter mit Kinderrechtsverletzungen befassten - und mit Wegen, Kinder zu stärken.

Über verletzendes Verhalten von Fachkräften sprachen die beiden Wissenschaftlerinnen Prof. Dr. Astrid Boll und Prof. Dr. Regina Remsperger-Kehm mit ihrem Beitrag. Sie skizzierten, in welchem großem Spektrum Verletzungen von Kindern in der Kita erfolgen können – angefangen von willkürlichen Streicheleinheiten über den Kopf von Kindern bis hin zu Formen der Gewalt, bei denen weinende Kleinkinder allein ins Bad eingesperrt werden, mit der Aufforderung sich zu beruhigen. In ihrem Beitrag, der auf ihrer qualitativen Forschung basierte, gingen sie auf die große Bandbreite von Gefühlen ein, die Fachkräfte beim Beobachten von Kolleginnen oder Kollegen, die Kinderrechte verletzen, erleben und die häufig von Ohnmacht geprägt sind. Es wurden wichtige Stellschrauben für einen verbesserten institutionellen Kinderschutz herausgearbeitet: Positiv wirken können eine vertraute und von gegenseitiger Unterstützung geprägte Teamkultur, starke und vorbildhafte Leitungen sowie die kontinuierliche Qualifizierung von Fachkräften im Kinderschutz und in der feinfühligen Beziehungsgestaltung zu den betreuten Kindern. Sehr bedeutend ist die Stärkung der psychischen Gesundheit von Kindern. 

Sechs Workshops beschäftigten sich mit Themen wie Biografiearbeit von pädagogischen Fachkräften, Zusammenarbeit mit Familien, erfolgreichem Krisenmanagement bei Hinweisen auf Verletzungen und Gewalt durch Fachkräfte. Zwei Workshops wurden vom Fröbel-Kinderschutzteam angeboten. Jacqueline Gogo und Katrin Hentze gaben gemeinsam mit dem regionalen Kinderschutzbeauftragten aus Frankfurt am Main, Marius-R. Gasser, neben den vier weiteren Workshop-Leitenden den Teilnehmenden Raum zum Austausch und zum Eintauchen in ganz konkrete Praxisfragen.

Abschließend wurde der Fokus auf die Partizipationsrechte von Kinder gelenkt. Julius Seelig vom Institut für Partizipation und Bildung verdeutlichte in seinem Vortrag sowohl rechtlich als auch ganz praktisch, wie eng gelebte Partizipations- und Beschwerdeverfahren mit der Stärkung der Selbstwirksamkeit und einem präventiven Kinderschutz zusammenhängen. Kinder, die über ihre Rechte informiert sind, Kinder, die erleben, dass Erwachsene ihre körperlichen Selbstbestimmungsrechte, insbesondere beim Essen, Schlafen und bei der Pflege respektieren und sie entwicklungsangemessen und sorgfältig an allen Belangen beteiligen, haben eine gute Chance, sich in ihrem Körper wohl und sicher zu fühlen. Sie lernen eher, Grenzen und Rechte bei sich und anderen respektvoll anzuerkennen sowie zu demokratiefähigen Menschen heranzuwachsen. Dies verdeutlichte Julius Seelig mit dem Konzept der "Kinderstube der Demokratie" mit spürbarem persönlichem Engagement. 

Klaus Bremen, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Kitaverbandes NRW, schloss die gelungene Fachtagung mit einer berührenden Endnote. Er appellierte an alle Teilnehmenden, achtsam, solidarisch und respektvoll mit Kindern und ihren Rechten umzugehen. Er warb dafür, die Generation von Morgen dabei zu begleiten, zu selbstwirksamen und seelisch wie körperliche unversehrten Menschen heranwachsen können, und betonte die offene und engagierte Dialogbereitschaft aller Beteiligten auf der Fachtagung.

Deutlich wurde: Erwachsene sind eindeutig in der Verantwortung, Kinderrechte ernsthaft umzusetzen und Schutzrechte von Kindern zu gewährleisten. Jede und jeder einzelne kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten, insbesondere die Fachkräfte, die mit den jungen Kindern und ihren Eltern bzw. Sorgeberechtigten arbeiten.
 

Fotos: (c) Deutscher Kitaverband