Erasmus+ · Internationales 22. Februar 2022

Pädagogik, Politik, ReMida: Eindrücke einer Bildungsreise nach Reggio Emilia mit Erasmus+

Im Oktober 2021 machte sich das Team aus der FRÖBEL-Unternehmenskommunikation auf den Weg, im Rahmen einer Bildungsreise mit Erasmus+ das norditalienische Reggio Emilia zu erkunden. Der Reisebericht mit Video zeigt Eindrücke der Kolleginnen, die inspiriert von der demokratischen Kultur, dem großen Geschichtsbewusstsein, der Wertschätzung für Kindergärten und dem nachhaltigen Denken und Handeln wiederkehrten.

Zeit im Zug und die Anfänge der Reggio-Pädagogik

Mit dem Zug ging es für uns als Team von Berlin aus nach Reggio Emilia in Italien. Die Entscheidung für die zugegeben lange Anreise über München und quer über die Alpen erwies sich jedoch nicht nur aus Kosten- und Umweltgründen als gute Wahl, sondern bot zudem Zeit, uns noch etwas mehr auf die Tage vor Ort vorzubereiten.

Mit dabei war auch der Dokumentarfilm “Die Frauen und die Schulen von Reggio Emilia”.  Darin geht es um die Reggio-Pädagogik als pädagogischen Ansatz und insbesondere den Beitrag der Frauen zur Entstehungsgeschichte der „Schulen der Kindheit“. Zeitzeuginnen berichten von den Anfängen der selbstverwalteten „asili dell’infanzia“ und der Entstehung einer neuen Pädagogik. Der Film eröffnet einen ganz neuen Zugang zur Geschichte des Reggio Emilia Approachs und eignet sich gut als Vorbereitung für einen Bildungsaufenthalt in Reggio Emilia.

Zu Fuß auf den Spuren der Geschichte

Den Vormittag hatten wir zur freien Verfügung und nutzen ihn für einen Besuch im nahegelegenen Parma, der europäischen Kulturhauptstadt 2020-2021, die weit mehr zu bieten hat als Schinken und Käse.

Das Programm in Reggio Emilia startete für uns im Istituto Istoreco am Rande der Altstadt. Das 1965 gegründete Institut für die Geschichte des Widerstands und der zeitgenössischen Gesellschaft in der Provinz Reggio Emilia gehört zu einem nationalen Netz von Instituten. Das Istoreco widmet sich seit langem der Forschung, Bewahrung von Dokumenten, Verbreitung von Zeitgeschichte und Weitergabe von Erinnerung mit einem breiten Spektrum an didaktischen Aktivitäten. Dazu gehören auch Fortbildungskurse für pädagogische Fachkräfte der frühen Bildung und Lehrkräfte aller Schulstufen.

Nach einer kurzen geschichtlichen Einführung zur Entwicklung der Region Reggio Emilia in den Räumen und Archiven des Istoreco folgten wir den Spuren der Geschichte bei einem langen geführten Stadtrundgang durch die Altstadt von Reggio Emilia.

Wir erfuhren viel über die Geschichte der Widerstandsbewegung und dem daraus entstandenen Gemeinschaftssinn der Bevölkerung von Reggio Emillia. Mit dem geschichtlichen Hintergrund erschlossen sich auch die Bedeutung von Gemeinschaftssinn und Zusammenhalt als Grundwerte der pädagogischen
Praxis in den Reggio-Kindergärten sehr klar für uns.

Zu Besuch im Internationalen Zentrum Loris Malaguzzi und im Kindergarten

Da in der rund 170.000 Einwohner umfassenden Stadt Reggio Emilia alles sehr zentral liegt, begaben wir uns erneut zu Fuß zum ersten Programmpunkt des Tages, dem Internationalen Zentrum Loris Malaguzzi. Auf dem Weg dorthin sahen wir auch, wie in der Kommune gerade neue Arbeits- und Begegnungsorte auf einem ehemaligen Industriegelände entstehen.  

Im Internationalen Zentrum Loris Malaguzzi, dem Dokumentationszentrum des Reggio-Ansatzes mit seinem Archiv, den verschiedenen Ausstellungen, der Bibliothek, dem Buchladen, dem Weiterbildungszentrum und den verschiedenen Ateliers hätten wir einen ganzen Tag verbringen können.

Als Abteilung Unternehmenskommunikation warfen wir natürlich auch ein besonderes Augenmerk auf die verschiedenen Kommunikations- und Präsentationsformate, die dort zum Einsatz kommen und ließen uns zu Ideen für den Führungskräftekongress 2022 in Reggio Emilia inspirieren.

Nach der Mittagspause fuhren wir nach Novellara, das rund 20 Kilometer von Reggio Emilia entfernt liegt. Unser Besuch im kommunalen Kindergarten „Arcobaleno“ (Regenbogen) war für das pädagogische Team vor Ort eine Besonderheit, denn wir waren nach pandemiebedingten Besuchsverboten die erste internationale Besuchsgruppe in diesem Kindergarten.

Die Führung durch die Räume des Kindergartens und die Gespräche mit den pädagogischen Fachkräften machten uns sehr deutlich, wie gut die Einrichtungen
dort im Sozialraum vernetzt sind und wie viel Wert auf die enge Zusammenarbeit
mit den Eltern und der gesamten Kommune gelegt wird.

Dass der Reggio Approach ein pädagogischer Ansatz mit klarem gesellschaftlichem und politischem Bezug ist, wurde besonders deutlich, als uns sogar die Bürgermeisterin von Novellara noch einen überraschenden Besuch abstattete. Die Kommune ist besonders stolz auf ihre Bildungseinrichtungen und möchte die pädagogische Arbeit daher auch einem internationalen Publikum präsentieren.

Die ReMida, das kreative Recycling-Zentrum

 Gleich nach dem Frühstück gingen wir vom Hotel aus zur ReMida, das sich selbst als “Centro di Riciclaggio Creativo” (Kreatives Recycling-Zentrum) bezeichnet. Der Name ReMida leitet sich ab von Midas, dem König im alten Griechenland, unter dessen Händen alles zu Gold wurde, und „Re“ als Kürzel für Reggio Emilia.

Die ReMida steht für die Idee, dass Materialien, die in Industrie, Handel, Handwerk und Gewerbe abfallen, wunderbare Ressourcen zum Spielen, Bauen, Konstruieren, Forschen und Gestalten in sozialen und kulturellen Einrichtungen sind. Firmen überlassen der ReMida ihre sauberen, ungiftigen Reste, Produktionsabfälle, Muster und Mängelexemplare. Kindergärten, Schulen und Kulturprojekte suchen sich die ungewöhnlichen Materialien für ihre Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus.

Die Dinge werden ästhetisch präsentiert und fordern zum Neuentdecken und Zweckentfremden heraus. Die ReMida weckt das Bewusstsein für Materialreichtum, zeigt die Schönheit des (vermeintlichen) Abfalls und verknüpft auf diese Weise Kreativität, Bildung und Nachhaltigkeit. Über die reine Materilvermittlung hinaus werden aber auch Vorträge, Diskussionen und Workshops angeboten, von denen wir auch einen Workshop mit Papier miterleben durften.

Die letzte Station unseres Programms war noch einmal das Istoreco, wo wir unsere Eindrücke festhielten und uns darüber austauschten, was wir davon für unsere persönliche Arbeit und als Team mitnehmen.

Rückreise mit dem Zug und Sortieren vieler Eindrücke

Über Bologna und München ging es wieder mit dem Zug zurück nach Berlin. Die Rückreise nutzten wir auch dazu, schon einmal die vielen Fotos, kleinen Videos und Tonaufnahmen zu sichten und zu sortieren.

Einig waren wir uns, dass jede noch so gute Dokumentation nicht das eigene Erleben vor Ort ersetzen wird. Den Reggio-Ansatz muss man vor Ort im wahrsten Sinne des Wortes begreifen.

Impressionen der Bildungsreise nach Reggio Emilia


Fröbel ist für die Erasmus+ Förderperiode 2021-27 akkreditiert. Das Erasmus+ Programm ermöglicht Fröbel-Beschäftigten, sich mit Fachkräften innerhalb Europas auszutauschen, Neues zu lernen und die eigene Expertise weiterzugeben. Ganze Teams und einzelne Fachkräfte können in einer Kita in einem anderen Land hospitieren und freuen sich, andere Kulturen zu erleben. Mehr dazu unter https://www.froebel-gruppe.de/erasmus 

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