Aktuelles · FRÖBEL Türkei 14. Juli 2017 · HO

Türkisches Tagebuch

Erzieherin Christiane Koch aus Köln berichtet vom Alltag im FRÖBEL-Kindergarten in Istanbul

Seit Januar arbeitet Christiane Koch, Erzieherin aus dem FRÖBEL-Kindergarten An St. Bonifatius in Köln, im Rahmen unseres internationalen Austauschprogramms im FRÖBEL-Kindergarten in Istanbul. Wir führten kurz vor ihrer Abreise ein Interview mit ihr - nun berichtet sie über ihre Erfahrungen während der Monate in Istanbul: 

"Hoş Geldiniz! Bei uns ist das Kita-Jahr bereits zuende. Im Juli und August wird im FRÖBEL-Kindergarten in Istanbul eine "Sommerschule" angeboten. Ein buntes Ferienprogramm, das in diesem Jahr unter dem Motto "Wir reisen um die Welt" steht. Es ist ein offenes Angebot für alle interessierten Eltern, für das sie ihre Kinder anmelden können - unabhängig davon ob sie regulär unseren Kindergarten besuchen oder nicht. Spannend!

Ich mache vielfältige Erfahrungen durch das Eintauchen in eine neue Kultur, an denen ich Sie teilhaben lassen möchte: 

1. Das bilinguale Konzept funktioniert - auch bei Erwachsenen! Ich bin erstaunt, wie ich die türkische Sprache nebenbei erlerne, und die Kinder lernen noch viel leichter, schneller und nachhaltiger als ich.

2. Der pädagogische Alltag im Kindergarten wird von den Erzieher*innen vielfältig und kreativ gestaltet. Jede Woche erstellt eine Lehrerin/Erzieherin sehr detaillierte Angebote zu einem bestimmten Thema. Dabei orientieren sie sich an den Bildungsplänen des türkischen Bildungsministeriums. Ich glaube, dass wir von diesen Angeboten (Impulsen) für unsere Prozesse der Qualitätssicherung Elemente übernehmen können, und werde meinen Kolleginnen und Kollegen in Köln das Konzept vorstellen.

3. Das gemeinsame Essen ist in der Türkei ein wichtiger, sozial-kultureller Aspekt. Auch das Küchenteam im Kindergarten setzt das hervorragend um. Die Mahlzeiten sind lecker, gesund, saisonal. Die Kinder genießen das gemeinsame Sitzen zu Tisch und nebenbei werden vielfältige kulturtechnische Werte und Techniken vermittelt. Sehr beeindruckt hat mich der Fastenmonat Ramadan. Einige Kollegen und die Menschen in meiner Bleibe richten sich nach den Regeln des Fastens. Es ist eine starke gemeinschaftliche Erfahrung, die vom Zuckerfest gekrönt wird. Generell beeindruckt mich der Stellenwert des gemeinsamen Essens sehr und auch kulinarisch bin ich hier voll angekommen.

4. Verwandte, auch entferntere, haben eine große Bedeutung. Hier in der Türkei ist selbst der Cousin zweiten Grades eine selbstverständliche, wichtige Person mit der das Leben geteilt wird. Familie, Sippe hat hier einen bestimmenden Stellenwert. Mit allen Vor- und Nachteilen. Bei meiner Arbeit empfinde ich, dass die Erzieher*innen und Kinder hier sehr gut in großen Gruppen zurecht kommen. Sie sind es durch die Familie gewohnt. Der Gruppenraum hat ca. 50qm und bis zu 40 Kinder halten sich hier gemeinsam auf - und es funktioniert! Für mich anfangs schwierig, hier aber alltäglich. Die Bring- und Abholsituation bedingt, dass eine Erzieherin diese Arbeit übernimmt, während im Gruppenraum drei Erzieherinnen die Kinder betreuen. Die Menschen hier haben generell eine andere Gelassenheit in großen Gruppen (in der Metro, in den Strassen, in den Parks, in der Enge der Wohnviertel...). Hier leben 18 Millionen Menschen und überall ist es voll, sind viele Menschen. Das sozialisiert und prägt.

5. Ich erlebe die Türkei als eine patriarchalische und hierarchische Gesellschaft, und so sind auch die Schulen und Kindergärten geprägt. Die Leitung und die Lehrer/Erzieher sind in diesem System ausgebildet und unterrichten nach diesen Vorgaben. Bildung, Tradition und Kultur haben einen bedeutenden Stellenwert. Die Familien im FRÖBEL-Kindergarten Istanbul sind privilegiert und wünschen eine bestmögliche Betreuung ihrer Kinder. Ihnen kommt das pädagogische Profil von FRÖBEL entgegen. Es bietet den Familien die Möglichkeit, ihren Kindern eine individuelle und partizipierende Erziehung anzubieten, im Einklang mit den Strukturen der türkischen Gesellschaft. Spannend, wie sich diese Verbindung in Zukunft entwickeln wird... Hoş çakal!"