Politik und Gesellschaft 18. Oktober 2022 · MKu

Einmaleins für das ganze Leben

Der aktuelle IQB-Bildungstrend zeigt: Nur gute frühe Bildung ist ein Garant für den Bildungserfolg

Kind liest ein Buch (Foto: Bettina Staub)

Große Bildungsungleichheiten zwischen den Bundesländern mit signifikanten Verschlechterungen in den Feldern Orthografie, Zuhören, Lesen und Mathematik sind das Ergebnis des aktuellen Bildungstrends der HU Berlin. Zum dritten Mal veröffentlichten die Bildungsforschenden um Petra Stanat ihren Bericht zum Erreichen der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz (KMK) für den Primarbereich in den Fächern Deutsch und Mathematik. Ziel ist der Vergleich erreichter Bildungsstandards in den Bundesländern über einen Zeitraum von zehn Jahren.

Und die Ergebnisse fallen bedeutend schlechter aus als erwartet. Schulschließungen während der Pandemie sind ein Grund dafür. Viel bedeutender ist jedoch die fehlende evidenzbasierte Qualitätsentwicklung im Bereich der frühen Bildung, auf die an vielen Stellen verwiesen wird. Insbesondere Kinder ohne Deutsch als Familiensprache sowie Kinder aus Familien, bei denen Vorlesen oder alltagsbasiertes Sprechen zuhause nicht die Regel sind, starten mit erheblich schlechteren Voraussetzungen ihre Bildungslaufbahn. Gerade vor diesem Hintergrund ist das Ende des Bundesprogramm Sprach-Kitas in der sehr bewährten Form das schlechteste Signal zur falschen Zeit. Das Bundessprachprogramm ist ein zentraler Baustein für eine sprachlichen Förderung, die alle Kinder in die Lage versetzt, um Bildungsangebote optimal zu nutzen. Insgesamt ist die Bedeutung der frühen Sprachbildung weiter gestiegen. Denn der Anteil von Kindern in der vierten Klasse, die Deutsch als Familiensprache zuhause sprachen, lag im vergangenen Jahr bei rund 62 Prozent und ist somit in den vergangenen zehn Jahren um 22 Prozent gesunken – ein Trend, der sich auch zukünftig fortsetzen wird.

Neben der flächendeckenden frühen Sprach- und MINT-Bildung empfiehlt sich zugleich ein zukunftsorientiertes Lernen. Weniger dogmatische Debatten sollten die frühe Bildung prägen, als eine gezielte Vorbereitung auf die Schule mit regelmäßiger Evaluation der Bildungserfolge. Innovationen im Bereich der Digitalisierung können unterstützen und bieten viel Luft nach oben. Denn situativ-forschendes Lernen und definierte Bildungsziele sind kein Gegensatz, sondern zwei Seiten derselben Medaille.

„Nur wenn wir an allen Stellschrauben drehen, schaffen wir die wichtige Trendwende“, sagte FRÖBEL-Geschäftsführer und Vize-Präsident der IHK Berlin, Stefan Spieker, in den rbb-Nachrichten. „3000 Kinder ohne Kita-Platz erreichen jährlich die Berliner Grundschulen. Das sind 3000 Kinder zu viel und darf nicht passieren. Die hohen Sprachdefizite dieser und vieler anderer Kinder bereits zum Schuleintritt verfestigen Ungleichheiten, die gesellschaftlich und politisch nicht gewollt sein können.“

Der aktuelle IQB-Bildungstrend zeichnet ein besorgniserregendes Bild. Der Anteil der Kinder, die in der vierten Klasse die Mindeststandards nicht erreichen, ist nicht hinnehmbar. Im Jahr 2021 liegt dieser Anteil in Deutschland insgesamt zwischen gut 18 Prozent (Zuhören) und etwa 30 Prozent (Orthografie), wobei die Anteile in einzelnen Ländern noch deutlich höher sind, wie es im Fazit des IQB-Bildungstrends heißt.

Bemerkenswert ist, dass sich Hamburg im Vergleich zu den beiden anderen Stadtstaaten, Berlin und Bremen, deutlich verbessern konnte. Die Forschenden halten es für sehr plausibel, dass das Hamburger Schulsystem, welches auf eine datengestützte Schul- und Unterrichtsentwicklung setzt, Ergebnisse und Verläufe der Bildungsprozesse kontinuierlich monitort und somit auf Veränderungen gezielt reagiert. Dies wäre ein wichtiger strategischer Baustein zur Verbesserung der Lernerfolge, der auch für die frühe Bildung sehr nützlich wäre, um frühzeitig Herausforderungen besser zu bewältigen.

Wichtiges Instrument ist in diesem Zusammenhang die externe Evaluation. Als bundeweit einziger Kita-Träger lässt FRÖBEL alle Einrichtungen extern evaluieren. Durch wertschätzendes Feedback wissen die Mitarbeitenden aller Einrichtungen, welche Bildungserfolge ihre Kinder gemeistert haben. Nur die bundesweit obligatorische externe Evaluation von Kitas und Horten wird sicherstellen, dass frühzeitig den Kindern bestmögliche Unterstützung zukommt – nicht mit der Gießkanne, sondern dort, wo Kinder und Familien diese Unterstützung benötigen.

Wer mehr zu den Ergebnissen des IQB-Bildungstrends erfahren möchte, findet hier weitere Informationen.