Aktuelles 06. November 2024 · BT

"Mehr Experimente wagen!"

Wie die Bildungsarbeit der Kitas besser sichtbar werden kann, darüber diskutierte der Fröbel-Beirat in dieser Woche mit Akteuren aus Wissenschaft und Bildungsjournalismus.

Der Fröbel-Beirat traf sich in den neu bezogenen Räumen der Fröbel Akademie in Berlin-Mitte. (Foto: Fröbel e.V.)

Zum Austausch war unter anderem Professorin Katharina Kluczniok, wissenschaftliche Vorständin der pädquis Stiftung, eingeladen. Sie stellte aktuelle Ergebnisse einer gemeinsam mit Fröbel entstandenen Machbarkeitsstudie für ein bundesweites Monitoring der Prozessqualität in Kitas vor. Die im Juli 2024 vorgelegte Studie zeigt auf, welche Bedeutung einem bundesweiten Monitoring im frühen Bildungsbereich zukommt und wie man es konkret umsetzen kann. Fröbel macht seit Juni 2024 als erster Kita-Träger in Deutschland den Qualitätslevel der eigenen Kindertageseinrichtungen sichtbar - für Politik, Verwaltung und natürlich für Familien. Im Rahmen der Transparenzoffensive veröffentlicht Fröbel dafür die Ergebnisse der Externen Evaluation.

Alle Teilnehmenden sind sich einig, dass sich pädagogische Qualität langfristig positiv auswirken kann - sowohl auf die Kinder selbst auch als deren Familien. Doch die Prozessqualität deutscher Kitas ist in den meisten Fällen eine Black-Box. Es fehlt somit an grundlegendem Wissen, um seitens der Politik entsprechend (nach)steuern zu können. Dabei zeigen andere Länder: Es ist möglich, einheitliche Standards zu setzen, den Blick auf Qualität fest zu verankern und so in eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Kita-Landschaft zu investieren.

Eine spannende Diskussion entstand mit dem ebenfalls eingeladenen ZEIT-Journalisten Martin Spiewak und Dr. Dieter Dohmen, Direktor des privaten Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) in Berlin. Mit einem kritischen Blick auf den Status Quo hatte Martin Spiewak eine lebhafte Debatte angestoßen über die frühkindliche Bildung in Deutschland. Dieter Dohmen und Fröbel-Geschäftsführer Stefan Spieker hatten mit einem gemeinsamen Beitrag auf die Kritik geantwortet.

Laut Spiewak fördere die Kita Bildung nur unzureichend. Trotz hoher Investitionen in die frühkindliche Betreuung gebe es kaum verbindliche Bildungsstandards. Insbesondere die sprachliche Förderung bliebe in vielen Kitas unzureichend, was sich negativ auf Kinder aus herausgeforderten Familien auswirke. Während in anderen Ländern Schulreife als Ziel der Vorschule gilt, sei dies in Deutschland umstritten. Die deutsche Politik zeige wenig Interesse an strukturellen Verbesserungen. Politische Debatten konzentrierten sich meist auf den Ausbau von Betreuungsplätzen, während die Qualität der Bildung vernachlässigt werde. Ansätze wie bei Fröbel, um die Bildungsqualität zu verbessern, blieben die Ausnahme.

Sprachbildung bleibt erste Aufgabe von Kitas

Einig war man sich schnell darüber, dass Sprachförderung jetzt und in Zukunft an erster Stelle in der Kita stehen müsse. Die deutsche Sprache zu beherrschen, werde für die Kinder im Einwanderungsland Deutschland immer wichtiger. Die Herausforderungen seien immens, betonte Stefan Spieker, auch angesichts der immer diverser werdenden Einwanderungsgruppen. Eine gemeinsame Sprache sei daher unumgänglich – sowohl mit Blick auf die individuelle Entwicklung von Kindern als auch für die der Gesellschaft. „Als Kita nehmen wir diese Herausforderung an. Wir wollen und können es den Kindern ermöglichen, Deutsch zu lernen. Wir müssen dafür mehr Experimente wagen und Dinge ausprobieren.“

Diskutiert wurden Ideen und Experimente, wie beispielsweise die Entkoppelung von Sprachförderung und Bildung, beispielsweise durch die temporäre Einrichtung von sprachlich homogenen Kitagruppen. Kinder müssten neben Deutsch ja zugleich auch ihre muttersprachlichen Fähigkeiten weiter ausbauen. 

Mit Blick auf die Fachkräfte stellte sich die Frage, ob im frühkindlichen Bereich auch eine spezialisierte Ausbildung für Deutsch als Fremdsprache oder Deutsch als Zweitsprache hilfreich sein könnte. Zur Frage von Standards und Sprachtests spiegelte die Diskussion im Beirat das Für und Wider der öffentlichen Debatte. Während einige mit mehr Kontrolle Steuerung ins System bringen wollen, befürchten andere eine Tendenz zu benachteiligender Standardisierung.

Wie Bildung stärker sichtbar werden kann, zeigte letztendlich die Debatte selbst: Indem darüber in möglichst vielen Bereichen der Gesellschaft, öffentlich in Medien oder in Fachgremien und nicht zuletzt in der Kita selbst, informiert und ehrlich diskutiert wird.

„Künftig werden uns Eltern und politisch Verantwortliche stärker danach beurteilen, ob es uns gelingt, Kinder für ihren späteren Bildungsweg teilhabefähig zu machen“, so Stefan Spieker. „Um dies zu erreichen, wollen wir den Übergang in die Grundschule fokussieren und intensiver mit Schulen zusammenarbeiten. Hand in Hand gestalten wir den Übergang für die Kinder noch erfolgreicher und ermöglichen ihnen beste Bildungschancen für ihr ganzes Leben.“