Politik und Gesellschaft 11. Oktober 2024 · MWe

„Dequalifizierung ist keine Option“

Wie kann man Kinder trotz des Fachkräftemangels im Bildungsbereich gut aufs Leben vorbereiten? Darüber hat Fröbel-Geschäftsführer Stefan Spieker mit weiteren Bildungsfachleuten beim Bildungspolitischen Forum diskutiert.

Stefan Spieker hat in einem von Prof. Katharina Spieß moderierten Forum seinen Blick aus der Trägerpraxis eingebracht. Mitdiskutiert haben auch Katja Tillmann von der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte und Nora Damme vom Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. | Bildquelle: Leibniz-Forschungsnetzwerk Bildungspotenziale
Unsere beiden Fachschulen konnten wir zuletzt jeweils um einen weiteren Zug erweitern. | Bildquelle: Bettina Straub

Der Fachkräftemangel ist in der frühen Bildung kein neues Phänomen. Mittlerweile fehlt es aber auch an Schulen und in anderen Bildungseinrichtungen zunehmend an Personal. Wie man den damit verbundenen Herausforderungen entlang der gesamten Bildungskette am besten begegnet, war Thema des diesjährigen Bildungspolitischen Forums des Leibniz-Forschungsnetzwerks Bildungspotenziale. Die Veranstaltung fand diesmal in der Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Berlin statt.

Mit dabei war auch Fröbel-Geschäftsführer Stefan Spieker, der in einem von Prof. Katharina Spieß moderierten Forum seinen Blick aus der Trägerpraxis einbrachte. Der Arbeitsmarkt für pädagogische Fachkräfte wird für Kita-Träger immer herausfordernder: Laut dem Fachkräftebarometer 2023 kommen auf 100 offene Stellen gerade noch 62 arbeitssuchende Erzieherinnen und Erzieher.

„Wir kennen diese Not und auch die damit verbundenen Versuchungen in der frühen Bildung seit Jahren. Die größte Herausforderung besteht darin, den Personalmangel nicht gegen die Bildungsqualität auszuspielen“, sagt Stefan Spieker. „Das schaffen wir nur, wenn wir die Ausbildungsstandards beim pädagogischen Personal weiterhin hochhalten. Eine schleichende Dequalifizierung des Bildungsbereichs ist keine Option.“

Studierte Kindheitspädagoginnen und -pädagogen machen immer noch nur einen sehr kleinen Teil des Fachpersonals in Kitas aus: Laut dem Fachkräftebarometer 2023 hatten zuletzt nur 6 Prozent einen entsprechenden Abschluss.

Gleichzeitig stößt auch das Fachschul-Ausbildungssystem an seine Grenzen: Im Schuljahr 2022/23 ging die Zahl der Berufseinsteigenden im ersten Jahr hier erstmals leicht zurück – für einen weiteren Ausbau fehlt es nicht nur an Räumlichkeiten, sondern auch an Lehrkräften. Denn auch am anderen Ende der Bildungskette macht sich der Fachkräftemangel mittlerweile bemerkbar.

„Umso wichtiger ist es, dass wir die Flinte jetzt nicht ins Korn werfen“, sagt Stefan Spieker. „Bei Fröbel konnten wir unsere beiden Fachschulen zuletzt jeweils um einen weiteren Zug erweitern – auch weil wir bewusst in zusätzliche attraktive Räumlichkeiten investiert haben.“ Mehr Menschen für den Berufseinstieg zu begeistern sei ein Teil der Aufgabe – dafür zu sorgen, dass sie Ihren Ausbildungsweg auch zu Ende gehen der andere. „Wir sehen ganz klar, dass die vergütete praxisintegrierte Ausbildung in Fachschulen und Kitas für viele Berufseinsteigende das Modell der Wahl ist. Deshalb reicht es nicht aus, nur in Fachschulkapazitäten zu investieren.“ Man müsse auch systemweit dafür sorgen, dass Kitas gute Ausbildungsorte sind, wo man sich bestmöglich um Nachwuchs-Fachkräfte kümmern kann. Zu gewährleisten, dass bestimmten Fachkräften überall genug Zeit für die Anleitung der neuen Teammitglieder zur Verfügung steht, schaffe einen doppelten Mehrwert: „So steigert man nicht nur die Qualität der Ausbildung im Lernort Kita – man schafft auch eine zusätzliche Karriereoption für erfahrenere Teammitglieder. Beides hilft dabei, dass uns diejenigen, die wir von unserem Berufsfeld bereits überzeugen konnten, auch wirklich erhalten bleiben.“